By martin Ist man einmal entschlossen, Gottes Willen — und nur ihn allein — vollständig zu tun, muss man zunächst fortwährend arbeiten und alle menschlichen Mittel dazu treu anwenden, sich dabei aber nicht sorgen. Denn die wirkliche Weisheit von oben wird einem nie gegeben, bevor man sie braucht, nicht bloß zum müßigen Behalten. Und man ist auch in der Regel vorher gar nicht innerlich so beschaffen, dass man sie recht verstehen könnte.

Aber sie kommt ganz sicher, zu rechter Zeit, wenn man ernstlich danach verlangt und zum Ergreifen bereit ist. Man muss nur immer fortwährend aufmerksam sein und darf weder im bloßen Genuss des Augenblicks einschlafen und ruhen wollen noch übermäßig hasten. Denn Gottes Wege sind immer so, dass man darin zwar frisch und lebhaft, aber nie übermäßig arbeiten muss.

Dann aber muss man auf jede Gelegenheit achten, die sich bietet, das Rechte zu tun. Man darf sich durch nichts Unvorhergesehenes überraschen oder aus der Fassung bringen lassen und vor allem nur sehr mäßig reden. Zu viel sprechen verwickelt oft in unrichtige Situationen. Dabei ist es ganz gut, künftige Arbeiten frühzeitig in Notizen und vorläufigen Aufzeichnungen vorzubereiten. Aber die eigentliche Feststellung darf dann erst im Augenblick des Gebrauches dazukommen.

Alles Arbeiten muss man gleich frisch anpacken, ohne lange und umständliche »Vorarbeiten.“ Sofort auf das Ziel, die entscheidenden Gedanken losgehen, von denen es meistens nur ganz wenige gibt. Das andere Nebenwerk kommt dann während der Arbeit von selbst hinzu.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte“, Leipzig/Frauenfeld 1908)

von: Carl Hilty